Karin Boyes Lyrik behandelt eigentlich recht einfache Sachen-wie man leben sollte und wie man lebt. Sie behandelt das Leid des Unvollkommenen wenn man vollkommen sein wollte. "Ja visst gör det ont "sagt sie in einem von ihren am meisten zitierten Gedichten. Es tut tatsächlich weh, eben deswegen dass kein lebender Mensch niemals so sein kann wie er sein will. Aber gerade in diesem Leid des Unvollkommenen sind ihre Gedichte entstanden. Viele von diesen sind Liebesgedichte, wo sie viel mehr will als das was sie mit ihren Worten erreicht. Andere von ihren Gedichten behandeln auf ähnliche Weise Offenheit, Gerechtigkeit und Klarheit. "Von Reinheit getroffen" ist eine Formel ihrer dauernden Versuche das Rätsel zu verstehen wovon das widersprechende Leben ihr Erfahrungen gegeben hat. Es gibt keine Reinheit im Leben-sie existiert vielleicht in der Kunst, in der Dichtung wo sie wünschte "einen Holzlöffel so zu malen dass Menschen Gott ahnten"
Karin Boyes Gedichte zum ersten Mal zu erleben ist deswegen eine Kenntnis von der Spaltung zwischen zu wollen und zu sein. Ihre Worte sind oft sehr schön, ihre Gedichte vibrieren von einer inneren Musik. Aber hinter diesen schönen Wörtern und dieser Musik ahnt man stets die Unruhe und die Spaltung - das Leben ist nie wie es sein sollte, die Wirklichkeit entflieht dem Traum und geht ihre niedrigen Wege von den Wolken entfernt die sie in ihrer Debütgedichtsammlung beschrieben hat. Und es ist eben diese Gegensätzlichkeit, die ihre Lyrik ein zeitloses Leben gibt. Wer sie heute liest erkennt sich jenseits von Gut und Böse. Sie erreicht bis zu uns und in uns herein mit ihren schönen und bitteren Kenntnissen. Ist es darum wir heute ihre Worte so offen annehmen können ein halbes Jahrhundert nach dem Ende ihres eigenen Lebens? Vielleicht ist es die Spaltung unseres eigenen Lebens, die sie zu unserer Lebensbegleiterin macht, zu einer schwedischen Klassikerin.
Björn Julén ist Literaturdozent
und Vorsitzender des Karin Boye Vereins 1989-1999.